Vom richtigen Teilen der Macht

Kürzlich kam mir in der Vorlesung „Aktuelle Debatten“ eine Überlegung wie wichtig es ist wie man Kompetenzen teilt. Eigentlich habe ich diesen Gedanken schon länger aber nun ist er etwas strukturierter. In „Aktuelle Debatten“ behandeln wir verschiedene Themengebiete anhand von vier verschiedenen sozialwissenschaftlichen Perspektiven. Letzten Freitag war der „Staat“ aus Sicht der „Kultur- und Sozialanthropologie“ an der Reihe.

Konkret geht die Kultur und Sozialanthropologie davon aus, dass mit der Gruppengröße auch die Teilung der Zuständigkeiten komplexer wird und Verantwortungen ausdifferenzierter werden. Man kann gut im historischen Verlauf beobachten. Zuerst wurden die stärksten Mitglieder auch zu den Führerinnen oder Führern einer Gruppe, dies hieß aber auch, dass immer wenn sich eine Jüngere oder ein Jüngerer besser fühlt ebendiese den Machtanspruch stellen konnten. Mit der Vergrößerung der Gruppe etablierte sich dann eine Adelsschicht, die Gruppe begann also damit verschiedene Gesellschaftsebenen mit jeweils eigenen Rechten aber auch Verantwortungen einzurichten. Aber auch innerhalb der Ebenen kam es zu einer eigenen Verantwortungsverteilung, konnten zum Beispiel bei den Wikingern noch lange Zeit Frauen mächtige Positionen einnehmen war dies in den meisten anderen mittelalterlichen Gesellschaften nicht mehr so. Der Adel hatte eine streng patriarchale Ausrichtung. Weiter gedacht wurde irgendwann mit der zusätzlich steigenden Größe die Kompetenzverteilungen noch stärker. Die Gewaltenteilung wurde eingeführt und mehrmals überarbeitet bis sie ihre heutige Form erreicht hat. Am Wiener Kongress experimentierte man erstmals sehr erfolgreich mit Ausschüssen als Expertenebene einer Versammlung. (Vgl. Hermann Mückler 2011, S. 55ff)

Spätestens seit 1848 wird die horizontale und vertikale Verteilung der Kompetenzen mit einem Text geregelt und ist nicht mehr nur ein komplexes System aus Verträgen, Belehnungen, Gewohnheiten und verschiedensten Personalunionen. Dieser Verfassung bzw. die heutige Form unserer Gesetze hat es uns somit ermöglicht, dass sich die Aufteilung der Macht nicht nur sozialdynamisch ergibt sondern wir einen ganz bewussten Einfluss auf sie ausüben können. Und darüber müssen wir uns bewusst sein, jede Aufteilung von Macht hat Einfluss darauf wie sie gelebt wird. Ordnen wir das Wissenschaftsressort einem anderen Ministerium unter oder wird es ein eigenes Ministerium? Erhält jedes Ministerium eine eigene Beauftragte oder einen eigenen Beauftragten für digitale Agenden oder richten wir ein eigenes Staatssekretariat dafür ein? Richten wir eine eigene Rechtsschutzinstanz ein oder erhalten BMI und BMJ jeweils ihre Hausinterne? Kurzum kann man es in folgende Kernfragen einteilen:

  • Welches Organ erhält welche Zuständigkeiten?
  • Welches Organ erhält welche Sanktionsmöglichkeiten?
  • Welches Organ erhält welche zweckbestimmten Gelder?
  • Welchem Organ sind welche anderen Organe nachgeordnet?

Prinzipiell lässt sich sagen, dass ein Themengebiet nur ernst genommen wird wenn es dafür zuständige Institutionen gibt. Dies muss jetzt nicht heißen, dass man gleich ein eigenes Ministerium für ein Themengebiet einrichten muss, es kann auch bedeuteten, dass in jedem Ministerium jemand die Zuständigkeit für ein solches Themengebiet erhält. Wie man sie teilt hängt immer mit den Erwartungen an die Teilung zusammen und somit ist die Verantwortung über die Aufteilung der Macht eines der größten Machtinstrumente dem sich vor allem das Parlament aber auch die Regierung bewusst sein sollte.

Nun muss die Aufteilung der Macht aber nicht in Stein gemeißelt sein. Auch Vereine und Firmen sind von ihr betroffen. Hier hat man es wieder mit besonders kleinen Gruppen zu tun bei denen man besonders auf die Fähigkeiten der einzelnen Akteure achten sollte bei der Verteilung der Kompetenzen. Meine eigene Theatergruppe stand kurz davor sich aufzulösen da unser damaliger Obmann, der sowohl die Geschäftsführung als auch die Regie innehatte, nicht mehr weitermachen wollte. Eine Nachfolgerin oder ein Nachfolger mit den selben Fähigkeiten fand sich nicht also entschied man sich in einer langen Verhandlungsnacht dazu (neben viel Wein) diese beiden Funktionen zu trennen. So fand sich ein neuer Geschäftsführer der für die organisatorischen Aufgaben zuständig war und unser ehemaliger Obmann beschränkte sich fortan auf die Regie. Wenn nun eine der beiden Funktionen neu besetzt werden muss, muss nicht zwangsweise diese Position besetzt werden, man könnte sie entweder weiter teilen oder wieder zusammenlegen. Auch die Schaffung 2er neuer Funktionen die eine ganz andere Kompetenzverteilung aufweisen als die aktuelle wäre denkbar.

Der Spruch „Teile und Herrsche“ wurde vor ungefähr 500 Jahren formuliert, prinzipiell aber schon im antiken Rom gelebt. Damals klar mit anderer Bedeutung, aber selbst hier liegt im Prinzip diese Macht der Teilung zugrunde.

Mein Gedanke an die Zukunft

Immer wieder haben großartige Personen von einer Zukunft geträumt. Diese Träume haben unsere Welt geprägt und geformt. Ich will mir zwar nicht anmaßen, so großartig wie Ada Lovelace oder Marthin Luther King zu sein, aber auch ich habe eine Vorstellung von der Zukunft, von der ich hoffe, dass sie sich erfüllen wird. Viel zu oft habe ich in letzter Zeit den Eindruck, dass wir uns in eine ganz andere Richtung bewegen, darum möchte ich mir hier wieder eine Vison für die Zukunft geben und euch an dieser Motivation teilhaben lassen.

Wissen

Die meisten Menschen haben eine Grundmotivation in ihrem Leben. Manche leben für den Spaß in ihrem eigenen Leben, andere dafür, dass es möglichst vielen Menschen gut geht. Meine Lebensmotivation ist es, am Ende meiner Tage möglichst viel zu wissen, um nicht zu sagen alles zu wissen. Freilich werde ich dieses Ziel so nicht erreichen, aber ich kann versuchen, so viel zu lernen und zu verstehen wie nur irgend‘ möglich. Wissen gibt mir die Macht es dafür einzusetzen andere Ziele zu erreichen. Es ermöglicht mir, die Welt möglichst gut zu beeinflussen und folglich auch es mir und allen meinen Mitmenschen gut gehen zu lassen.

Wissenschaftlichkeit

Heute entstehen wissenschaftliche Analysen so schnell wie nie zuvor. Viele davon werden später widerlegt, aber gerade dadurch weiß man, wie etwas nicht ist. Sigmund Freud gilt heute als Begründer der modernen Psychologie, trotzdem gelten seine Theorien großteils als widerlegt. Aber er war es, der das Prinzip der Wissenschaftlichkeit in die Psychologie eingeführt hat. Alles hat eine Ursache und kann daher belegt werden. Wir können nur gescheit handeln, wenn wir unsere Handlungen auf echtem Wissen wurzeln lassen.

Transparenz

Das Internet gibt uns die Möglichkeit, auf all dieses erworbene Wissen zuzugreifen. Wir leben in einer Welt in der eine Vielzahl an Informationen frei zur Verfügung steht. Noch mehr, in Projekten wie Wikipedia sehen wir sogar, wer versucht, einen Artikel in welche Richtung zu verändern. Wir haben damit die Möglichkeit zu verstehen wer, warum an einer Meinung festhält, und zu beobachten, wie groß diese Gruppen sind. Im Mittelalter gab es keinen solchen Gesamtschatz an Wissen von allen Seiten und Disziplinen. Heute und in Zukunft gibt es die Möglichkeit, hier gesammelt über einige Plattformen einen transparenten Dialog zu führen.

Informationsfreiheit

Doch selbst im Zeitalter der freien Informationen, in dem Daten als Gold des 21. Jahrhunderts gelten, wissen wir noch nicht alles. Es fehlt an staatlichen Informationen, an Kennzahlen aller möglichen Unternehmen und am Wissen, wie mein Produkt produziert wird das ich gerade benutze oder esse. Manche Daten, wie die staatlichen, erklimmen wir uns in mühseliger Kleinarbeit. Andere werden uns verborgen bleiben bis wir sie mit vernüftigen Methoden freilegen. Denn ich will im 21. Jahrhundert wissen, wie die Gene meiner Nahrung verändert wurden, unter welchen Arbeitsbedingungen meine Kleidung hergestellt wurde und wo die Einzelteile meines Autos/Zugs durch die Welt herumgeschifft wurden.

Mitbestimmung

All die technischen Möglichkeiten geben uns erst das Werkzeug in die Hand, mit dem wir die Welt in Zukunft formen können. Wir benutzen Wikis in unseren Firmen und Abstimmungstools in unseren Vereinen. Wir können die Welt aufgrund unseres Wissens formen. Wir können verstehen, wie wir sie formen und was unser Handeln bewirkt. Welche Steine wir ins Rollen gebracht haben und welche Memes wir verbreitet haben.

Unsere Verantwortung

In der Welt der Memes können wir Meinungen so schnell und einfach verbreiten wie noch nie zuvor. Ich selbst stelle mir es vor wie einen Baum. Die Wurzeln sind das Wissen und die Information ,die wir, der Stamm, nutzen, um die Gesellschaft, die Äste und Blätter, mit unserer Energie, dem Wissen, zu versorgen. Und wir haben die Verpflichtung, dieses Werkzeug gewissenhaft einzusetzen um eine Zukunft zu formen in der wir alle miteinander auf diesem Planeten in einer Weltgemeinschaft leben wollen.

Liebe Grüße
Erwin Ernst Steinhammer